Appenzeller Volksfreund, 17.3.2004



"Quand on aime la vie!"


Die französische Sängerin Clara Moreau bezauberte mit Charme und Können das Publikum

Die Chansons, die Clara Moreau am Samstagabend im "Rössli" am Postplatz Appenzell vortrug, erzählten von den Freuden und Leiden der einfachen Menschen, von Liebe und Herzschmerz, aber auch von Ungerechtigkeit und Politik.
Monika Dörig

Die temperamentvolle Sängerin, deren Vater Franzose ist und die Mutter Spanierin, war von der Kulturgruppe GfI nach Appenzell eingeladen worden. Clara Moreau tritt mit einem Trio auf, oder begleitet sich wie am Samstagabend selbst auf dem Akkordeon.

Lieder vom schweren Leben



Das schwarz schimmernde Instrument mit dem feuerroten Balg und den chromblitzenden Verzierungen scheint ein Teil der Künstlerin geworden zu sein. Mit Leichtigkeit entlockt sie ihm die Begleitung, das eine Mal dezent den Text unterstreichend, dann wieder als markanter dramatischer Schlusspunkt eines Liedes.
Die meist in Französisch, vereinzelt in Spanisch oder Italienisch gesungenen Geschichten erzählten vom schweren Leben der einfachen Menschen, von den Ungerechtigkeiten und von Herzschmerz, von den Greueln des Krieges und von den Verfolgten.
Die Texte waren anspruchsvoll und nicht leicht zu verstehen. Doch Clara Moreaus Interpretation, ihre Mimik, ihre ganze Körpersprache erzählten ebensoviel wie die Worte. Es war spürbar: trotz allem liebt sie das Leben mit all seinen Unwegbarkeiten. Und vor allem ihre Stimme, die sie zart und brüchig einsetzte oder kraftvoll schmetternd, vermochte die Texte berührend zu vermitteln. Ihr warmer Mezzosopran ging vor allen in den melodiöseren Stücken unter die Haut und zu Herzen.

Erinnerung an Piaf



Mit blitzenden Augen, strahlendem Lachen, mit Charme und Schalk führte die Künstlerin durch das Programm. Sie erläuterte mit hinreissendem Akzent die Texte und forderte immer wieder auf, bei den bekannteren Chansons den Refrain mitzusingen. Mancher Gast summte, wenn auch zurückhaltend, mit, wenn Lieder von Edith Piaf, Charles Aznavour, Jacques Brel, Léo Ferré und Boris Vian erklangen.
Clara Moreau hat als Strassenmusikantin in ihrer Heimatstadt Paris angefangen, aufzutreten. Sie hat Akkordeon studiert bei Max Albert. Seit etlichen lebt die gut 40jährige Sängerin in der Schweiz.
Im Kurzmantel, einen weissen Seidenschal um den Hals geschlungen, erinnert sie äusserlich an Joan Baez; ihre ergreifende Stimme klingt nach Piaf, nach Bohème und Boulevard.

Bezaubernd und brillant



Das Publikum im bis auf den letzten Platz besetzten "Rössli" dankte der Künstlerin begeistert für Ihre Darbietung. Man war zurückversetzt worden in eine Zeit, als französische Chansons "in" waren, man erinnerte sich an das Lebensgefühl der Sechziger- und Siebzigerjahre. Man liess sich berühren von Texten über die Widerstandskämpfer in Spanien; man schwelgte mit, wenn Paris morgens erwacht. Man amüsierte sich über das Lieder der alten Ziege mit den schrägen Zwischentönen oder man litt mit Edith Piaf in "Herzensschrei".

Als Zugabe schenkte Clara Moreau den Gästen ein melodiöses argentinisches Lied, wiederum gefühlvoll und eindringlich gesungen. Ein Stück von Django Reinhard rundete das Programm ab - jedes Lied ein strahlender Stern am Nachthimmel von Paris (oder Appenzell) wie in Aznavours "La Bohème". Clara Moreau brillierte mit ihrem grossartigen musikalischen Können, ihre Ausstrahlung und das schauspielerische Talent bezauberte, das Repertoire war Freude und Herausforderung zugleich. "Oui, c'est comme ça!"